Die "gemeinen" Besonderheiten der EG 9b Fallgruppe 1 im TV-L
In Schulungen zur Eingruppierung nach dem allgemeinen Teil der Entgeltordnung zum TV-L ruft die Entgeltgruppe (EG) 9b Fallgruppe 1 regelmäßig erstaunte Nachfragen hervor. Tatsächlich zeigt sich hier eine Besonderheit, man könnte je nach Standpunkt auch Gemeinheit sagen, des TV-L. Worum geht es?
Die EG 9b des TV-L kennt drei Fallgruppen:
Die Fallgruppe 3 ist der Einstieg für die Beschäftigten mit abgeschlossener Hochschulbildung.
Die Fallgruppe 2 nennt als Tätigkeitsmerkmale für alle Beschäftigten, die nicht über eine solche abgeschlossene Hochschulbildung verfügen, gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbstständige Leistungen. Jede Stellenbewerterin und jeder Stellenbewerter weiß, dass dies schon eine recht hohe Anforderung darstellt.
Und die angesprochene Fallgruppe 1? Diese erfordert für Beschäftigte nach Fallgruppe 2 und 3 zusätzlich noch eine Heraushebung durch eine besonders verantwortungsvolle Tätigkeit.
Doch selbst wenn diese besonders verantwortungsvolle Tätigkeit vorliegt, verbleibt der Beschäftigte in der EG 9b. Wer sich nun die Frage stellt, welchen Sinn dann Fallgruppe 1 hat, wenn sie doch nicht zu einer höheren Eingruppierung (und damit einem höheren Entgelt) führt, sollte den Blick in die folgenden Entgeltgruppen lenken. Denn nur Beschäftigte der EG 9b Fallgruppe 1 haben die Möglichkeit, in die EG 10 bzw. EG 11 aufzusteigen. Der Sinn der Fallgruppe 1 liegt somit allein in dem „Sprungbrett“ nach oben.
Wer nun einmal in den TVöD-VKA bzw. TVöD-Bund schaut, wird feststellen, dass dort eine besonders verantwortungsvolle Tätigkeit direkt in die EG 9c eingruppiert wird. Diese EG kennt der TV-L jedoch wie gesehen nicht. Hier zeigt sich, dass der TV-L mit der EG 9b Fallgruppe 1 eine Bremse in die Eingruppierungen eingezogen hat, da man selbst beim Vorliegen des Tätigkeitsmerkmals der besonders verantwortungsvollen Tätigkeit in der EG 9b gehalten wird und erst bei Bejahung des weiteren Tätigkeitsmerkmals der besonderen Schwierigkeit und Bedeutung die Möglichkeit hat, in die nächsthöheren Entgeltgruppen zu gelangen. Nicht zu vernachlässigen ist dabei, dass der TV-L diese hohen Anforderungen der EG 9b Fallgruppe 1 im Vergleich nicht einmal finanziell belohnt, während sich die EG 9c bei TVöD-VKA/Bund auch entgeltlich deutlich aus der EG 9b abhebt. Somit zeigt sich hier deutlich, dass der Verzicht auf die Schaffung einer eigenen Entgeltgruppe 9c im TV-L für die Beschäftigten im Vergleich zu TVöD-VKA/Bund sowohl in ihren Aufstiegsmöglichkeiten als auch finanziell eine deutliche Schlechterstellung darstellt, die von den Tarifparteien jedoch bisher billigend in Kauf genommen wird.
(Artikel erstellt am 11.08.2025)
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Der Verfasser
Dr. Sascha Koller
Jurist
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